Review

Ayòbámi Adébáyò: Stay With Me

// Black HERstory Month

// Im Februar 2020 habe ich eine Reihe an Empfehlungen für Bücher von weiblichen bzw. female presenting Schwarzen, afrikanischen Autor*innen auf Instagram hochgeladen. Im deutschsprachigen Raum sind Schwarze Autor*innen ohnehin unterrepräsentiert, von Schwarzen Autor*innen Afrikas, die nicht in der europäischen oder amerikanischen Diaspora sozialisiert wurden, hört man so gut wie gar nichts. Hier die Rezension zu dem zweiten Buch, das ich im Rahmen des Black History Month empfohlen habe. Ich nehme in diesen Rezensionen grundsätzlich Bezug auf die englischen Originalversionen (in manchen Fällen auch Übersetzungen) der Romane. Auf deutsche Übersetzungen weise ich hin.

2. Ayòbámi Adébáyò: Stay with me

Obwohl der Titel vermuten lässt, dass es sich bei dem Buch um eine heteronormative Liebesgeschichte handeln könnte, ist das, was die Protagonistin Yejide zum Bleiben bewegen möchte, ein Kind. Ein Kind, das sie unbedingt bekommen möchte. Obwohl Yejide nämlich schon länger mit Akin verheiratet ist, ist die Partnerschaft bislang kinderlos geblieben. Eine kinderlose Frau in der Yoruba-Gesellschaft und in der nigerianischen Gesellschaft insgesamt gilt als unvollständig, als Tragödie, als Bestrafte, die sich diesen Umstand selbst zuzuschreiben hat. Der Roman, der in den Achtzigern in Ilesa in der Region Osun spielt, zu Zeiten von Militärdiktatur und Studierendenprotesten, die blutig enden, schaut kritisch auf die Rolle der nigerianischen Frau als Versorgende, als derjenigen, die mit dem Erhalt der Familie beauftragt ist und folglich auch ihren Verlust, etwa in Auflehnung gegen das System, betrauern muss. So bleibt Yejide zwar letztendlich nicht kinderlos, aber ihre Kinder sind von Krankheit und den Umständen, die sie umgeben, gezeichnet und gefährdet.

In Adébáyòs Debüt spielen ähnliche Themen eine Rolle wie bei Gyasi: Die Rolle der Frau in einer westafrikanischen, in diesem Fall nigerianischen, stark patriarchal geprägten Gesellschaft  und Identitätsfindung etwa. Anders als bei Gyasi ist dieser Roman jedoch stellenweise auch komisch, etwa, wenn Yejide Ritualen nachkommt, um ihre Fruchtbarkeit zu steigern, oder Akins Mutter Moomi wieder einmal besonders sassy und gehässig wird. Während Homegoing kurze zusammenhängende, diachron verlaufende Ausschnitte zeigt, ist Stay with Me fest in einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort verankert. In feministischer Grundhaltung steht der Roman Gyasis in nichts nach, denn es sind die Frauen der Gesellschaft, die das Leben aufrecht erhalten, die um das Weiterleben und Überleben bemüht sind, während die Männer geradezu passiv patriarchale Grundsätze übernehmen und anwenden.

Zu kritisieren ist vielleicht, dass der Roman, trotz eigener Stimme der Autorin, stellenweise noch etwas unausgereift wirkt und auch etwas klischiert, in dem Sinne, dass auf momentan stark verhandelte Topoi der afrikanischen Gegenwartsliteratur zurückgegriffen wird und hier kein besonders neuer Zugang eröffnet wird. Dennoch ist Adébáyòs Ton originell, und Stay with Me definitiv lesenswert.

Auf Deutsch erschienen bei Piper in der Übersetzung von Maria Hummitzsch.

 

       Bild von Marie Minkov (@mmariemkv auf Instagram)