Review

Kopano Matlwa: Coconut

// Black HERstory Month

 

// Im Februar 2020 habe ich eine Reihe an Empfehlungen für Bücher von weiblichen bzw. female presenting Schwarzen, afrikanischen Autor*innen auf Instagram hochgeladen. Im deutschsprachigen Raum sind Schwarze Autor*innen ohnehin unterrepräsentiert, von Schwarzen Autor*innen Afrikas, die nicht in der europäischen oder amerikanischen Diaspora sozialisiert wurden, hört man so gut wie gar nichts. Als ich die Bücher empfahl versprach ich, sie beizeiten genauer zu rezensieren. Aufgrund der jetzigen COVID19-Krise habe ich dafür nun Zeit. Hier folgen also die besagten Rezension zu dem sechsten Werk, das ich im Rahmen des Black History Month empfohlen habe. Ich nehme in diesen Rezensionen grundsätzlich Bezug auf die englischen Originalversionen (in manchen Fällen auch Übersetzungen) der Romane. Auf deutsche Übersetzungen weise ich hin.

6. Kopano Matlwa: Coconut

Wie ist es in Suburbia als Woman of Colour, in einer weißen Umgebung als anders markiert, aufzuwachsen? Matlwa stellt sich diese Frage für den südafrikanischen Kontext, und greift dabei die schrecklichen Wahrheiten auf, die uns alle, die wir unter ähnlichen Umständen aufgewachsen sind, betreffen: Wir sind zwischen Kulturen gefangen, nicht weiß genug und nicht anders genug, um irgendwo wirklich dazuzugehören. Der Wunsch, weiß zu sein, dass sich das Melanin endlich zurückzieht aus Haut und Haaren, ist einer, den besonders junge Mädchen kennen, die so, unter diesen Umständen also, aufgewachsen sind. In Südafrika sind diese Ideen vielleicht noch stärker mit Identität und Wirklichkeit verwoben als andernorts.

Die in dem Buch erzählte Geschichte verhandelt die Geschehnisse eines einzigen Tages aus der Perspektive zweier junger Frauen. Aus der Sicht der priviligierten Ofilwe, die in den Suburbs aufwächst, mit ihren Schuldgefühlen aufgrund des ihr zugestandenen Privilegs, und aus der Sicht der im Township aufgewachsenen und lebenden Fikile, die sich gegen ihre eigene Blackness stellt, die sie für das Schlechte in ihrem Leben verantwortlich macht, und einem weißen Ideal hinterherjagt.

Ofilwe sieht sich Mikroaggressionen und subtilen Ausgrenzungsmechanismen ausgesetzt, während es für Fikile teilweise ums blanke Überleben geht. Doch um Survival , das wird schnell klar, geht es schlussendlich für beide.

Der Roman setzt sich mit den Lebenswirklichkeiten junger, Schwarzer Frauen in Südafrika auseinander, und auch hier täuscht die Leichtigkeit der Sprache Leser*innen vielleicht zuerst, lässt sie sich in Sicherheit wiegen bis ungeschönte Lebensrealitäten zum Vorschein kommen, sexualisierte Gewalt etwa oder die Folgen der klaffenden Apartheidswunden.

Der Roman ist ein Coming-of-Age-Roman, den Matlwa während ihres Medizinstudiums schrieb. Sie selbst spricht in Interviews darüber, selbst als Coconut bezeichnet worden zu sein – Black on the outside, white on the inside. Kein Wunder also, dass der Roman die Perfidität gerade solcher Sprüche auseinanderdividiert.

Persönlich fühle ich mich diesem Buch aus verschiedenen Gründen sehr verbunden. Das Buch ist beim südafrikanischen Verlag Jacana Media erschienen. Eine deutsche Übersetzung habe ich bislang nicht finden können, auch wenn deutsche Übersetzungen anderer Werke Matlwas existieren. Vielleicht übernehme ich das also in den nächsten Jahren als Projekt.

Coconut ist ein Buch für eine eher jüngere Leser*innenschaft, aber, ähnlich wie etwa The Hate U Give, trotzdem unbedingt für alle lesenswert.

 Bild: Marie Minkov