Review

Yewande Omotoso:

Bom Boy

// Black HERstory Month

// Im Februar 2020 habe ich eine Reihe an Empfehlungen für Bücher von weiblichen bzw. female presenting Schwarzen, afrikanischen Autor*innen auf Instagram hochgeladen. Im deutschsprachigen Raum sind Schwarze Autor*innen ohnehin unterrepräsentiert, von Schwarzen Autor*innen Afrikas, die nicht in der europäischen oder amerikanischen Diaspora sozialisiert wurden, hört man so gut wie gar nichts. Hier die Rezension zu dem zehnten Buch, das ich im Rahmen des Black History Month empfohlen habe. Ich nehme in diesen Rezensionen grundsätzlich Bezug auf die englischen Originalversionen (in manchen Fällen auch Übersetzungen) der Romane. Auf deutsche Übersetzungen weise ich hin.

10. Yewande Omotoso: Bom Boy

Die Migrationsrichtung, die wir in Europa und im konstruierten Westen in Bezug auf afrikanische Länder vor Augen haben, ist die von ebendiesen afrikanischen Ländern in Länder des globalen Nordens. Dass innerhalb Afrikas eigene Migrationsströme existieren, dass dieser Übertritt von einem subsahar afrikanischem Land in das andere bereits weitreichende Konsequenzen hat für die Identitätsfindung und -bildung der betroffenen Migrant*innen, und insbesondere für Kinder der 1. wie auch der 2. Generation, wird dabei geflissentlich ignoriert.

Yewande Omotoso, die selbst mit ihrer Familie von Nigerien nach Südafrika auswanderte, erzählt in Bom Boy die Geschichte eines Jungen, Leke, der als Sohn eines nigerianischen Studenten und einer südafrikanischen Schwarzen Mutter aufgrund einer Reihe tragischer Ereignisse in einer weißen Familie in Kapstadt aufwächst. Der nigerianische Vater ist im Gefängnis und schreibt Briefe an seinen Bom Boy (Nigerian Pidgin für Baby Boy), die Leke später in die Hände fallen. Es geht um erarbeitete und rekonstruierte Biographien, und um Gefühle der Unzugehörigkeit und des Dazwischenseins.  Was kann aus Leke werden, in diesem System, in das er sich nicht einfügen kann und das ihm gleichsam die Integration von Beginn an verweigert?

Dass Omotoso aus einer Künstler*innen- und Schreiber*innenfamilie kommt (ihr Vater ist der nigerianische Autor Kole Omotoso und sie ist Schwester des Regisseurs und Autors Akin Omotoso), merkt man dem Debüt an: Kein Wort tanzt aus der Reihe, keine Silbe ist unüberlegt. Es ist offenkundig viel Recherchearbeit in dieses Erstlingswerk geflossen, und von der Dichte der Charakterisierungen und Objekte, die dieses Südafrika belebt und somit erlebbar machen, profitiert die erzählte Geschichte immens.

Von Bom Boy, erstmals bei Modjaji Books erschienen, liegt bislang keine Übersetzung ins Deutsche vor. Omotosos zweiter Roman, der im Original 2016 erschien (The Woman Next Door) wurde 2017 im Ullstein-Verlag veröffentlicht (Die Frau Nebenan).

 

       Bild von Marie Minkov (@mmariemkv auf Instagram)